Noch bevor Tim Berners-Lee seine ersten Überlegungen, auf denen das heutige World Wide Web immer noch weitestgehend basieren, veröffentlichte, trafen sich mehrere Entwickler und Gestalter von Hypertextsystemen unter der Leitung von John Legget und Janet Walker, die federführend am Entwurf des Symbolics Document Examiner, eines frühen Hypertextsystems, beteiligt waren, zu einem Workshop. Ziel war die Entwicklung einer einheitlichen Terminologie und eines einheitlichen Modells als Grundlage für neu zu entwickelnde Hypertextlösungen. Um das gemeinschaftliche Vorgehen zu unterstreichen entschloss sich die Gruppe, die Ergebnisse des Workshops nicht unter dem Namen einer der anwesenden Personen zu veröffentlichen. Vielmehr wählte die Gruppe den Namen "Dexter Hypertext Referenz Modell" nach dem Ort, an dem der Workshop stattfand, nämlich dem Hotel Dexter Inn in Sunapee in New Hampshire.
Ein Auslöser zu diesem Workshop war die sich deutlich unterscheidende und uneinheitliche Architektur der zu dieser Zeit verfügbaren Hypertextsysteme. So konnte das häufig als Beispiel für ein frühes Hypertextsystem genannte HyperCard von Apple die darzustellenden Informationen nur innerhalb einer festen Bildgröße darstellen während andere Systeme diese Einschränkung nicht aufwiesen. Diese und weitere Unterschiede werden im Dexter Hypertext Referenz Modell aufgegriffen und in einer abstrakten Architektur verallgemeinert.
Das von Halasz und Schwartz beschriebene Dexter Hypertext Referenz Modell [HAL90][HAL94] verfolgt eine Betrachtung in drei Schichten, sogenannten Layern:
... die voneinander getrennt bleiben und über festgelegte Schnittstellen kommunizieren.
Symbolics Document Examiner (Screenshot)
Wie auch die Hypertext Abstract Machine beginnt das Dexter Hypertext Referenz Modell mit der Beschreibung des Datenmodells und bezeichnet diese Ebene als den Storage Layer. Zur Datenbeschreibung werden Eigenschaften berücksichtigt, die über das eigentliche einzelne Datum hinausgehen und Attribute und Darstellungseigenschaften beschreiben. Hierbei handelt es sich um abstrakte Beschreibungsobjekte, die eine eigene Architektur ausbilden. Die Verbindungen zwischen einzelnen Daten werden als Links bezeichnet. So wird ein Netz aus Komponenten beschrieben, das jedoch noch statisch ist und somit für Hypermedia eigentlich zu unflexibel.
Schnittstellen (Interfaces) im Dexter Modell
Der Within-Component-Layer geht über den Inhalt des einzelnen Datums hinaus und beschreibt die Struktur der Datenobjekte. Hier wird festgelegt, welche Medientypen im Kontext des Informationsraums vorkommen dürfen und wie diese verwendet werden. Da die Anzahl und die Typen der verschiedenen Medien nicht vorhersagbar ist und da deren Eigenschaften oftmals vom Präsentationssystem abhängen, betrachten die Autoren des Dexter-Modells dies nicht weiter, sondern verweisen auf spezielle Modelle zur Erstellung solcher Objekt- und Datenstrukturen.
Der Run-Time Layer erweitert darüber hinaus das Datenmodell des Storage Layers um Aspekte der
Dabei werden jedoch ausschließlich die Basisfunktionalitäten zum Präsentieren und Editieren eines Hypertextes berücksichtigt. Da das Dexter Modell ein allgemeingültiges Modell sein soll, wurde auf die detaillierte Beschreibung spezieller Funktionalitäten verzichtet.
Die Kommunikation zwischen den Layern wird in den beiden Schnittstellen-Layern Anchoring sowie Presentation Specification beschrieben. Auch wenn die Dateneinheiten im Modell selbst nur auf abstrakter Ebene beschrieben werden, so sieht das Modell eine Aktivierung der einzelnen Dateneinheiten über die Definition von Links im Anchoring ausdrücklich vor. Ebenso abstrakt bleibt die Presentation Specification. Da auch diese nicht ausspezifiziert wird, werden hier lediglich rudimentäre Eigenschaften wie der Zeichensatz, die Farbe und Zeichengröße beschrieben.
Gerade die umfassende Abstraktion des Dexter Hypertext Referenz Modells macht dieses so mächtig. Durch das Außer-Acht-lassen spezieller Präsentations- und Interaktionsmöglichkeiten und die Konzentration auf die Datenbasis und die Verlinkung ist dieses Modell auch heute noch von hoher Relevanz und immer noch ausgesprochen gut als Grundlage für die Modellierung aktueller Hypermediasysteme geeignet. Hier wird bewusst der Terminus Hypermedia anstelle von Hypertext genutzt, da der hohe Abstraktionsgrad dieses Modells auch für eine generalisierte Betrachtung geeignet ist.