Gestaltfragen

Während Gestaltungsfragen sich darauf beziehen, wie ein Hotspot bzw. dessen Startanker innerhalb der Präsentation dargestellt wird und wie durch sein Aussehen seine Beziehung zum Inhalt und dessen Struktur gezeigt werden kann, beziehen sich Gestaltfragen auf die Darstellung der zeitlichen Aspekte dynamischer Hypermedien und damit eher auf die Frage, wie sich das Medium und seine Hotspots verhalten und wie dem Benutzer dieses Verhalten kommuniziert werden kann. Auch in diesem Abschnitt wird der Fokus auf die visuelle Ausprägung gelegt, wohlwissend, dass es natürlich auch auditive Gestaltfragen geben kann. Da diese allerdings eher Rand- oder Nischenerscheinungen sind, sollen diese hier nicht im Detail berücksichtigt werden.

Da sich die Information in einem dynamischen Medium, und damit eben auch die Bildinformation in einem Video, in der Regel zeitlich verändert, müssen sich die Hotspots an das zugrundeliegende Videomaterial anpassen können. Dies gilt sowohl für die Position im Fenster als auch für die Form des Hotspots und seines Startankers. Ist er mit einem konkreten Objekt im Video assoziiert, könnte der Benutzer erwarten, dass sich der Hotspot den Änderungen des Objekts anpasst. Fährt ein Auto durch das Bild und dieses Fahrzeug ist mit einem Hotspot versehen, um beispielsweise dem Benutzer nähere Informationen zu dem Wagen anbieten zu können, sollte sich die aktive Fläche mit dem Auto durch das Bild bewegen. In der Regel erfolgt die Bewegung eines Objekts im Film nicht ausschließlich parallel zur zweidimensionalen Bildebene, sondern frei im dreidimensionalen Ursprungsraum. Dadurch verändert sich neben der Position auch die Form der Silhouette des Objekts sowie auch deren Größe. Das macht die Anpassung der Form des mit diesem Objekt verknüpften Hotspots erforderlich. [HOE08]

Das wohl grundlegendste Problem bei einem Hypermedium, dessen Inhalt sich mit der Zeit verändert, besteht darin zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt der Präsentation der Startanker eines Links erscheinen und wie dies erfolgen soll. Um genau und innerhalb des eingeführten Definitionsraumes zu bleiben, sollte ab hier immer dann, wenn es sich um einen Link innerhalb eines dynamischen Hypermediums handelt, nicht mehr von einem Link, sondern von einem Hotspot die Rede sein. Während ein Link unverändert in der Präsentation besteht, verhält sich ein Hotspot abhängig von dem sich mit der Zeit verändernden Inhalt der Präsentation.

Die Beschreibung des zeitlichen Verhaltens des Hotspots kann dabei sowohl in relativer als auch in absoluter Weise geschehen und sich auch im Beschreibungsformat unterscheiden: (Abb. 76 a – d)

Abb. 76
Absolute, relative zeitliche und relative inhaltliche Beschreibung

Die erste Beschreibung ist ein Beispiel für eine absolute Beschreibung, die zweite für eine relative zeitliche Beschreibung und die dritte für eine relative inhaltliche Beschreibung, wann ein Hotspot erscheinen soll.

Neben dem Erscheinen ist es ebenso wichtig festzulegen, wie lange ein Hotspot angezeigt werden soll. Dies kann absolut geschehen, indem eine Endzeit in Bezug zum Beginn des Films angegeben wird. Wichtig ist hier die Kontrolle, dass die Endzeit nie vor der Startzeit des Hotspots liegen darf. Die Angabe der Lebensdauer eines Hotspots ist zwar zunächst absolut, bezieht sich aber auf die Startzeit des Hotspots und kann daher als relative Beschreibungsform angesehen werden.

Abb. 77
Verbindung zwischen Hotspots und Objekten

Im dritten Beispiel kann darüber hinaus eine weitere Form erkannt werden. Es handelt sich dabei um die Abhängigkeit des Hotspots von einem in einem Videobild erscheinenden Objekt. Diese Beschreibungsform kommt ohne direkt lesbare Zeitangabe aus, benötigt aber zwingend ein Werkzeug, welches in der Lage ist, Objekte zu erkennen. Auch diese Abhängigkeit eines Hotspots von Objekten ist eine grundlegende Gestaltfrage. Sie geht über die rein zeitlichen Aspekte noch weit hinaus. So muss für den Benutzer unmittelbar erkennbar sein, auf welchen Inhalt des präsentierten Hypermediums sich der Hotspot bezieht. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass der Hotspot an gleicher Position wie das Objekt, auf das er sich bezieht, erscheint und dessen Form annimmt, jedoch kann es durchaus auch sinnvoll sein, dass er an anderer Position oder in anderer Form erscheint. Gerade dann aber ist es umso wichtiger, dass der Benutzer unmittelbar erkennen kann, zu welchem entfernten Objekte der Hotspot wirklich gehört.

Zu all den bis hierher aufgestellten Fragen kann es keine allgemeingültigen Antworten geben. Gestaltfragen unterliegen, wie alle auftretenden Fragen bei der Software- und der Medienentwicklung, den Ansprüchen und Anforderungen, die der Benutzungskontext sowie denen, die die Benutzerzielgruppe stellt. Bevor also eine Entscheidung getroffen wird, wie das zeitliche Verhalten eines Hotspots aussehen soll, muss eine grundlegende Analyse des Benutzungskontextes erfolgt sein.

Ohne eine solche Analyse lassen sich weiterführende und darüber hinaus gehende Gestaltfragen nicht beantworten. Hierbei handelt es sich um den Fragenblock, der die Akzeptanz durch den Benutzer adressiert. Die Motivation hinter diesen Fragen besteht auch hier darin, dass der Benutzer mit dem ständigen Erscheinen und Verschwinden von Hotspots, deren sicht- und hörbarer Veränderung und dem (ständigen) Wechsel zwischen Aktiv- und Passivsein, nicht überfordert wird und er der Hotspots nicht überdrüssig wird.

Wie in früheren Abschnitten schon besprochen, müssen solche und ähnliche Aspekte vermieden werden, wenn der Benutzer das Hypermedium mit einer hohen Akzeptanz und letztlich mit großer Freude benutzen soll. Zwei Aspekte lassen sich aus den vorangegangenen beispielhaften Kommentaren unmittelbar herauslesen. Dies sind Fragen nach der Art, wie die Darstellung eines Hotspots beginnen und wie sie wieder enden soll, wie es ebenfalls schon im vorigen Kapitel angedacht wurde:

Letzteres ist ein ganz alltägliches Verhalten, wie es kognitionspsychologische Untersuchungen, wie unter anderem auch die von Zimbardo [ZIM92], belegen und wie es in den vorigen Abschnitten auch schon angesprochen wurde.

Abb. 78
Erweiterte zeitliche Beschreibung des Hotspotverhaltens

Insbesondere aus der Frage, wie lange ein Hotspot lebt und wie dessen Darstellung endet, kann eine weiterer Punkt abgeleitet werden. Dieser behandelt die Darstellung, wie lange ein Hotspot noch aktiv bzw. in das Bild eingeblendet ist. Das es auch dazu unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wurde ebenfalls schon besprochen. Allerdings stellen Ein- und Ausblendeverhalten Eingriffe beziehungsweise genauer gesagt Erweiterungen der Eigendynamik des Hotspotverhaltens dar. Neben den Zeitpunkten oder sonstigen Attributen, die das Erscheinen und Verschwinden der Hotspots markieren, müssen nun noch die Zeiten berücksichtigt, die der Hotspot benötigt, um selbst zu Erscheinen oder zu Verschwinden. Diese Beschreibung und Anreicherung mit Attributen wird umso komplexer, je größer die Eigendynamik des Hotspots ist, wie in Abbildung 78 durch die Berücksichtigung des Keyframes gezeigt wird.