Hypervideo (Teil 1 von 2)


Teil 2

Wenn auch der Anteil von Videos im Internet im Vergleich zum Textanteil mittlerweile schon seit Längerem durch Dienste wie YouTube oder Vimeo und seit Neuerem auch durch Funktionalitäten wie den sogenannten Stories in Facebook, Instagram und anderen Social-Media-Diensten rasant steigt, so implementieren Videoinhalte den Hypermediagedanken nur sehr unvollständig. Bei dieser Betrachtung sollen Dienste wie Video-on-Demand zunächst unberücksichtigt bleiben, da hier meist der direkte und ausschließliche Konsum eines Videoinhalts, egal ob benutzergenerierter oder kommerzieller Herkunft, im Vordergrund steht und eine weitergehende Interaktion mit dem Videoinhalt in der Regel nicht den Hauptteil des Angebotes darstellt. Hier ist in der Regel lediglich eine Verschiebung des Präsentationsortes weg vom klassischen Fernsehen hin zum PC, zum Laptop oder aktuell zum Tabloid zu beobachten. Der Umgang mit Videos analog zu den bekannten Umgangsformen des Hypertexts wird verstärkt von der Seite der Benutzer erwartet. Jedoch wird die Seite der Autoren und Produzenten dabei leider nur selten wirklich unterstützt. Videoinhalte werden von Entwicklern von Hypermediasystemen und -anwendungen, wie auch die meisten Bildinhalte, derzeit noch eher als lediglich schmückendes oder vertiefendes Beiwerk in einem Hypertext angesehen, ohne ihnen ein eigenes hypermediales Verhalten zu verleihen.

Nach Zahn [ZAH03] und Finke [FIN06] ist der Begriff Hypervideo, für den auch die Synonyme "hyperlinked Video" oder "Hyper-Film" gefunden werden können, bisher als alleinstehender Begriff noch nicht wirklich ausdefiniert. Vorherrschend lassen sich zwei Strömungen erkennen:

Diese beiden Strömungen spiegeln letztlich somit lediglich die Wurzeln des Mediums Hypervideo wieder, nämlich das konventionelle Video beziehungsweise den konventionellen Film und trennen diesen vom Hypermedia-Gedanken.

Natürlich soll bei der in diesem Buch verfolgten Betrachtungsweise der Schwerpunkt vor allem auf dem Hypermedia-Gedanken liegen. Das bedeutet für Hypervideo dann, wie auch schon in den früher beschriebenen Abschnitten Hypertext und Hyperimage, dass nicht nur ganze Dokumente miteinander vernetzt werden, sondern dass auch die Möglichkeit bestehen soll, von besonders definierten Stellen des Dokuments, hier eben des Videos, zu anderen definierten Stellen in- oder außerhalb des Dokuments verlinken zu können. Ohne an dieser Stelle die Diskussion führen zu wollen, ob dies nicht vielleicht auch für Text zutrifft, da auch Video ein visuelles Medium ist, gilt eine ähnliche Herangehensweise zur Definition dessen, was Hypervideo ist und der Beschreibung dieser definierten aktivierbaren Stellen wie im Hyperimage. Anders aber als bei Hypertext und Hyperimage ist bei Hypervideo das zeitliche Verhalten eben ein dynamisches. Die sichtbaren Dinge, die präsentiert werden, sind abhängig von der dem Medium immanenten Zeit. Dies muss deshalb zwingend Berücksichtigung in der Definition finden:

In einem Hypervideo können Teilregionen des Videobildes als Start und Zielanker zur Verlinkung definiert werden. Diese Definition erfolgt in der Regel durch die Angabe der Position und des Umrisses der Region sowie zwingend mit Zeitangaben, wann die definierten Regionen sichtbar und nutzbar sind.

Auch bei Hypervideo sind es also Regionen im sichtbaren Bild, die verweissensitiv sein sollen, um als Anker der Links dienen zu können. Da sich jedoch der sichtbare Inhalt während der Zeit seiner Präsentation ändert, dürfen auch die verweissensitiven Flächen nicht statisch sein, sondern müssen sich in einer zum gezeigten Inhalt synchronisierten Weise ebenfalls verändern. Damit ist gemeint, dass Objekte im präsentierten Bild sowohl

verändern und die Darstellung der verweissensitiven Flächen diesen Änderungen folgen müssen. Unabhängig von Veränderungen sind lediglich wiederum solche Startanker, die sich auf eine abstrakte Ebene des gezeigten Inhalts beziehen, wie dies im späteren Abschnitt "Gestalt und Gestaltung" näher beschrieben werden soll.