Hyper ... (Teil 4 von 4)
Die obige Definitionsweise findet ihren Ursprung in der genaueren Betrachtung der Begrifflichkeiten. Sie beginnt mit der Allgemeinheit "Hypermedia" und spezialisiert sich in den einzelnen Ausprägungen wie "Hypertext" oder "Hypervideo", wie dies auch Herczeg beschreibt [HER06]. Viele weitere Autoren folgen dieser Definitionsweise, reichern sie aber an der ein oder anderen Stelle oder aus der ein oder anderen Perspektive heraus an. Drei dieser "Erweiterungen" sollen daher an dieser Stelle kurz erwähnt werden, bevor der Versuch einer weiteren Definition unternommen wird:
- Die erste dieser Erweiterungen findet sich in einer Definition von Zimmermann, die besagt, dass Hypermedia aus elektronischen Dokumenten besteht, die Verbindungen zu anderen themenverwandten Dokumenten beziehungsweise Informationen enthalten. Auch hier wird noch einmal betont, dass Hypermedia neben Hypertext auch Grafiken, Bilder, Audios, Videos und andere Informationsmedien umfasst. [ZIM12] Während die einführenden Definitionen in Bezug auf die Form des Mediums ohne Spezialisierung beziehungsweise Einschränkung auf die adressierten Informationen waren und damit von allgemeiner Art bleiben, so führt die Definition von Zimmermann die Themenbezogenheit ein. Hier wird also der Anwendungsbezug der Information Teil des Hypermedia-Gedankens.
- Für die später in diesem Buch benötigte Sichtweise wird an dieser Stelle explizit eine zweite Erweiterung der oben vorgestellten Konstruktion vorgenommen, die in der Literatur ebenso wie in der Anwendungswelt selten berücksichtigt wird. Es handelt sich um die Einführung mehrfacher Verbindungen. Bei dieser Vorstellung wird davon ausgegangen, dass ein Anker nicht nur der Startpunkt für eine Kante sein kann, sondern vielmehr auch der Startpunkt für eine Vielzahl von Kanten, die auf unterschiedliche Anker verweisen. Warum dies in der Regel nicht genutzt und implementiert wird, ist leicht ersichtlich, denn durch diese Art der Strukturierung wird sowohl ...
- ... die Strukturierung innerhalb des aufgespannten Informationsraumes deutlich komplexer und darüber hinaus ...
- ... bedeutet dies auch eine wesentliche Vergrößerung der benötigten Funktionen zur Interpretierung der Kanten und zur Präsentation der Informationen.
Zweite Erweiterung der Konstruktion hypermedialer Inhalte: multiple Kanten
- Die dritte Erweiterung findet sich ebenfalls unter den zahlreichen Erklärungsversuchen im Internet. Kurz und bündig wird hier Hypermedia, wie zum Beispiel vom Education Highway Oberösterreich zu einem Sammelbegriff für Medien gemacht, "welche mehrere Sinne ansprechen (Text, Bild, Ton, Animation, Video) und Interaktionen zwischen Benutzer und Software zulassen" [EDU11].
Das Besondere an dieser Beschreibung ist die Verknüpfung von Medien mit den menschlichen Sinnen. Wenngleich dies eventuell inhaltlich diskussionswürdig sein mag, so ist ein anderer Aspekt dieser Beschreibung wiederum bemerkenswert. Als eine von wenigen Definitionen wird hier auch die Interaktion des Benutzers mit dem Inhalt, also der Information, erwähnt. Dies ist aus mehreren Gründen von besonderem Interesse für die Vorgehensweise in dieser Reihe, wie an späteren Stellen noch deutlich werden wird. An dieser Stelle sei nur schon einmal der Gedanke ins Spiel gebracht, dass die Vernetzung von Informationen durch Hypermedia auf dem bis hierher verfolgten Weg zwar beschrieben werden kann, aber damit noch nicht wirklich erreicht ist. Die Vernetzung tritt erst dann tatsächlich in Kraft, wenn ein Benutzer die Vernetzung auch nutzt indem er eine Kante aktiviert, also zum Beispiel einen Link anklickt. Ohne Interaktion des Benutzers bleibt die Vernetzung des Hypermediums unvollendet.
Eine möglichst umfassende Definition des Begriffes "Hypermedia", die auch im weiteren Verlauf dieser Reihe gelten soll, sollte daher in einer Kurzform also folgendermaßen lauten:
Hypermedia ist der Oberbegriff für eine Menge an Informationen zu einem Thema, die in verschiedenen Medientypen vorliegen können und untereinander auf verschiedene Weisen vernetzt sind.
Die ausführlichere Form dagegen ist eigentlich ein Bündel von weiteren Subdefinitionen und lautet daraus abgeleitet so:
Ein Hypermedium ist eine Sammlung von Informationsknoten zu einem Thema. Jeder Informationsknoten kann aus einer oder mehreren Informationen bestehen, die in verschiedenen Medienformen vorliegen können. Diese Informationsknoten sind untereinander durch Kanten vernetzt.
Kanten beginnen und enden mit Ankern innerhalb desselben oder eines anderen Informationsknotens. Sie können gerichtet von einem Anker auf einen anderen Anker deuten oder auch ungerichtet sein.
Anker können an Ausschnitte innerhalb eines Informationsknotens oder an den ganzen Informationsknoten gebunden sein.
Ein Hypermedium, dessen Informationen lediglich in einer Medienform vorliegen oder sich in seiner Repräsentation überwiegend an einer Medienform orientiert, ist ein Spezialfall. Die bedeutendste und bekannteste Spezialisierung ist Hypertext.