Einer der Kernpunkte, an denen sich die in den vorangegangenen Abschnitten vorgeschlagenen Definitionen von Hypermedia, Multimedia und Interaktivität berühren, ist die Navigation des Benutzers durch den von den Medien aufgespannten Informationsraum. Letztlich gibt erst die Interaktivität dem Benutzer die Möglichkeit, sich in diesem Raum mit Hilfe der Hyper- und Multimedien zu bewegen. Das Ziel dieser Bewegung ist die zielgerichtete Rezeption des Inhalts dieses Informationsraums durch den Benutzer. Dies greift die Darstellung in Abbildung 14 wieder auf.
Je größer ein solcher Informationsraum ist, desto schwerer fällt es, sich in ihm zurecht zu finden. Dies kann so weit gehen, das ein sogenannter Lost-in-Hyperspace-Effekt eintritt. Damit ist nach Conklin ein Zustand gemeint, in dem der Benutzer die Orientierung in einem vernetzten Informationsangebot verloren hat. [CON87] Diesen Zustand beschreibt Conklin mittels der Fragen:
Diese Fragen sind beim Buch als Beispiel für ein klassisches Medium leicht zu beantworten. In der unübersichtlichen Vernetztheit von Hypermedia hingegen werden diese Fragen zu einer komplexen Herausforderung für den Benutzer. [UOL01] Die sich daraus entwickelnde Unsicherheit kann sich lähmend auf die Benutzung des Informationsangebots auswirken und schließlich sogar im Abbruch der Benutzung münden.
Conklin bezog sich bei seiner Beschreibung dieses Effekts noch auf den mehr oder weniger reinen Hypertext. Mittlerweile wurden verschiedenste Theorien und Hilfsstrategien entwickelt, um dem Lost-in-Hyperspace im Hypertext entgegenzuwirken. Diese prägen sich sowohl in passiven Navigations- und Übersichtshilfen wie Sitemaps, Glossaren, Inhaltsangaben aus als auch in aktiven Formen der Adaption, (Vor-) Selektion, Rankings oder Filtern. Weitaus komplexer wird diese Problematik jedoch dann, wenn der hypermediale Spezialfall Hypertext verlassen wird und die Navigation und Orientierung in einem medial gemischten Hypermedium stattfinden soll. In diesem Fall entfällt die Möglichkeit für den Benutzer, sich an einer einzigen Medienform und deren individuellen Charakteristika zu orientieren. Ein Text bleibt ein Text, auch wenn er durch hypermediale Werkzeuge vernetzt wird. Der Benutzer, in dem Fall der Leser, beginnt die Rezeption des Textes stets an dessen Beginn oder einer anderen Stelle, die durch die Vernetzung angesprungen wird und folgt von dort aus linear dem Textverlauf. Allein das sowie aber auch das weitere Charakteristikum, dass nämlich der Text ein zeitlich statisches Medium ist, gibt dem Benutzer das Gefühl der Sicherheit, nichts zu verpassen, weil er sicher sein kann, dass sowohl ...
... keine Veränderung der Präsentation außerhalb seines Rezeptionsfokus stattfindet.
Auch die Rückverfolgung der eigenen Spur durch das Informationsnetz ist problemlos möglich. Der Benutzer wird also sozusagen mit Hilfe des Textes durch die Information geführt. Weitere und andere Medien sind lediglich in den Text eingebettet und von diesem nur in Form einer Sackgasse zu erreichen:
Eine Verbesserung oder Optimierung dieses Verhaltens, wie auch immer so etwas aussehen könnte, wäre nicht medieninhärent zu erreichen, sondern nur auf dem Wege, dass eine technische Funktion in die darstellende Anwendung beziehungsweise in das darstellende Gerät integriert würde. Im Vorgriff sei an dieser Stelle dazu schon einmal auf den Abschnitt Dynamisches Hypermedia verwiesen, wo auf dieses Thema noch einmal vertieft eingegangen wird.
Das Ziel eines hypermedialen Informationsangebotes beziehungsweise das Ziel von dessen Autor muss es sein, dass der Benutzer in dem Angebot die Orientierung nicht verliert, um das wie auch immer geartete Ziel des Benutzers nicht in Frage zu stellen. [RUE03] Dazu kann ein Navigations- oder Führungsmedium ein Hilfsmittel sein.
Als Führungsmedium im Umfeld von Multimedia und Hypermedia soll das Medium bezeichnet werden, an dem der Benutzer sich auf seinem Weg durch die vernetzten Informationen orientieren kann und die durch den Ablauf der Präsentation führt. In dieses Medium sind alle anderen Medien eingebettet. Diese führen aber stets zu dem Führungsmedium zurück.
Vereinfacht kann an dieser Stelle also zunächst einmal gesagt werden, dass bei Hypertext das Führungsmedium der Text ist, bei Hypervideo ist es Video, usw.