Teil 1 |
Bei zeitlich dynamischen Medien wie Film oder auditiven Medien kann davon ausgegangen werden, dass für den Benutzer die Veränderlichkeit der Medien bekannt oder zumindest erkennbar ist. Er weiß also, dass das Medium sich während der Benutzung verändert, selbst wenn der Benutzer das Medium nicht aktiv oder unmittelbar rezipiert. Problematischer ist dies hingegen bei solchen Medien, bei denen die Veränderung nicht unmittelbar erkennbar ist oder erwartet wird. Als Beispiel solcher Medien können Wikis dienen. Der Benutzer weiß zwar in aller Regel, dass die Inhalte eines Wikis von anderen Benutzern bearbeitet werden können und sich somit die Inhalte seit dem letzten Besuch bzw. der letzten Benutzung verändert haben können. Ob und inwieweit dies allerdings tatsächlich geschehen ist, kann der Benutzer nur durch einen Vergleich mit seiner Erinnerung oder durch einen expliziten Blick auf die Versionsgeschichte erkennen. Üblicherweise hat die Veränderung in Wikis und ähnlichen Anwendungen oder Medien Auswirkung auf den Inhalt und die Aussage. Allerdings können durch die Bearbeitungen auch Links entfernt, eingefügt oder verändert werden, was wiederum direkt Einfluss auf die Navigation im Medium hat.
In Wikis und ähnlichen Medien ist die Veränderung zumindest immer noch erkennbar, wenngleich für dieses Erkennen sowohl aktive (Inter-) Aktion als auch aktive Wahrnehmung durch den Benutzer notwendig ist. Die sogenannten "intelligenten" Medien dagegen bieten allerdings auch diese Möglichkeit nicht mehr. Gemeint sind damit eben solche Medien, die im Abschnitt "Adaptives Hypermedia" vorgestellt wurden, und die sich, ohne dass es der Benutzer erkennen kann, auf diesen einstellen. Der präsentierte Inhalt des Mediums kann sich von Benutzung zu Benutzung grundlegend ändern, nur weil das Medium das Benutzerverhalten interpretiert und sich auf den Benutzer dadurch einstellt, dass es sowohl sein Aussehen, seine Inhalte oder gar seine inhaltliche Struktur an die vermeintlich erkannten Bedürfnisse des Benutzers anpasst.
Zeitliche Charakteristika vs. Navigation
Die Komplexität der Navigation in (Hyper-) Medien kann verschiedene Niveaus annehmen, die abhängig von der Art der Medien und ihrer einzelnen Rezeption über die menschlichen Modalitäten sind sowie davon, ob sie einzeln ("rein") oder in Kombination genutzt auftreten:
Komplexität 1 (geringste) |
einzeln auftretende, linear rezipierte Medien | z.B. reiner Text, reiner Audio-Strom, o.ä. |
Komplexität 2 | einzeln auftretende, nicht linear, sondern parallel rezipierte Medien | z.B. reines Bild |
Komplexität 3 | kombiniert auftretende Medien mit Führungsmedium | |
Komplexität 4 | kombiniert auftretende Medien ohne Führungsmedium | |
Komplexität 5 | interaktive, ambiente Medien | z.B. Second-Screen-Medien |
Komplexität 6 (höchste) |
"intelligente" Medien | z.B. proaktive Chatbots |
Um die Komplexität der Navigationsaufgabe soweit zu reduzieren, dass der Benutzer bereit ist, das (Hyper-) Medium für seine Zwecke zu nutzen und durch die aufgespannte Informationswelt zu navigieren, gibt es für den Autor verschiedenste Ansätze und Hilfsmittel, die er bei der Strukturierung der Inhalte und der Realisierung der Anwendung nutzen kann:
Für die Gestaltung bzw. die Definition solcher "Guided Tours" oder "Paths" sind diese Hilfsmittel nicht unbedingt zielführend, da der Benutzer ja eben gezielt geführt werden soll und nicht selbständig in den Verlauf der "Tour" eingreifen soll.
Generell kann die Möglichkeit, dass der Benutzer an von ihm definierten Stellen eigene "Bookmarks" anlegen kann, für die Navigation hilfreich sein. Allerdings gilt auch hier, dass die derzeit übliche Form von Bookmarks nur für statische (Hyper-) Medien ausgelegt ist und es noch keine dynamischen Bookmarks gibt und auch die Frage, wie ein solches "dynamisches Bookmark" aussehen und realisiert werden könnte, noch ungeklärt ist.